Kapitel 5 – Sauer auf Snape
Angelina stand von ihrem Stuhl auf, doch Sirius hielt sie am Arm fest und blickte sie fragend an: „Wo willst du hin?“
„Ich habe keinen Hunger mehr“, antwortete sie und wollte sich los reißen, doch Sirius drückte sie sanft aber eindeutig auf den Stuhl zurück.
„Ich habe keinen Hunger mehr“, wiederholte Angelina, jetzt schon wütender.
Sirius schüttelte nur den Kopf und grinste: „Molly würde es dir übel nehmen, wenn du einfach gehst. Sie hat sich so viel Mühe mit dem Essen gegeben.“
„Willst du noch eine Tasse Tee?“, fragte Remus, der anscheinend ebenso wie Sirius versuchte, sie daran zu hindern, die Küche zu verlassen. Vielleicht, weil sie sie hier besser im Augen behalten konnten.
„Nein, danke“, knurrte Angelina gereizt.
„Doch, ich bin mir sicher du willst noch eine Tasse“, erklärte Sirius, griff nach der Teekanne und füllte Angelina nach.
„Ich sagte, ich will keinen Tee mehr“, zischte Angelina ihm zu.
„Doch, doch! Tee hat eine sehr beruhigende Wirkung, glaub mir.“ Sirius klopfte ihr sachte auf die Schulter. Angelina kochte vor Zorn und funkelte Sirius böse an.
„Ich möchte nicht weiter am Abendessen teilnehmen“, erklärte sie, doch Sirius und Remus duldeten keine Widerrede.
Ein paar Minuten saßen sie noch so da, bis Professor Dumbledore die Ordensmitglieder in den Nebenraum bat. Mrs. Weasley scheuchte sie aus der Küche und Angelina beeilte sich in ihrem Zimmer zu verschwinden.
Als Ginny einige Minuten später ebenfalls ins Zimmer kam, kramte Angelina gerade in ihrem Koffer und suchte nach Pergamentrollen und einer Feder. Sie würde an Draco schreiben. Und zwar sofort.
„Was suchst du?“, fragte Ginny neugierig und beobachtete ihre Freundin.
„Feder und Pergamentrollen“, antwortete sie knapp und warf eines ihrer Schulbücher auf ihr Kopfkissen.
„Was hast du vor?“ Ginny ließ sich auf ihr Bett sinken und verfolgte Angelinas hastige Suche weiter.
„Ich will einen Brief schreiben. Mensch Ginny, wozu braucht man sonst Feder und Pergamentrollen?“
„Für die Hausaufgaben?“
Angelina hielt in der Bewegung inne und legte das Buch in ihrer Hand wieder zurück in den Koffer: „Hausaufgaben? Wir haben Ferien!“
„Ron hat schon mit den Hausaufgaben angefangen. Er hat sich darüber beschwert, wie viel Professor Snape in seinem Aufsatz stehen haben will“, berichtete Ginny.
„Snape“, zischte Angelina. „Ich verstehe gar nicht, was der hier zu suchen hat…“
„Mum hat gesagt, er sei auch Mitglied im Orden“, fiel Ginny ihr ins Wort.
„Warum ist DER Mitglied im Orden?“
„Ich nehme an… Dumbledore vertraut ihm“, überlegte Ginny.
„Wie kann man dem vertrauen? Ginny, wir reden hier von Snape. SNAPE!“ Angelina kochte.
*Klack* Die Zimmertür ging auf und Matthew kam rein:
„Was schreist du denn so?“, er blickte fragend zu Angelina und warf Ginny einen missbilligenden Blick zu: „Was hast du gemacht?“
„Ich?“ Ginny riss fassungslos die Augen auf.
„Wer denn sonst, oder ist hier noch jemand im Zimmer?“, fuhr Matthew sie an.
„Sie hatte schon schlechte Laune als ich rein kam“, gab Ginny eingeschnappt zurück.
Matthew hatte schon den Mund offen, um etwas zu erwidern, doch Angelina wollte einen Streit verhindern und kam ihm zuvor: „Snape“, zischte sie.
„Was ist mit Snape?“, fragte Matthew.
„Was tut der hier?“, wollte Angelina wissen.
„Wenn ich Tonks richtig verstanden habe, dann ist er auch Mitglied im Orden des Phönix“, erklärte Matthew achselzuckend.
„Du nennst deine Schwester beim Nachnamen?“, fragte Ginny verwundert. Sie schien ziemlich verblüfft.
„Ich hab sie schon immer so genannt. Sie hasst ihren Vornamen und… sie ist nicht meine Schwester! Aber was interessiert dich das, Weasley?“, blaffte Matthew sie an. Matthew klang ziemlich genervt, als hätte er diese Erklärung schon öfter abgeben müssen.
„Es wundert mich nur, mehr nicht. Und du? Heißt du jetzt Tonks oder Parker?“, fragte Ginny gespielt interessiert weiter. Angelina hatte den Eindruck, als wollte sie Matthew provozieren.
„Ich sag es noch ein mal, ich wüsste nicht, was dich das angeht, Weasley“, erklärte Matthew erneut.
„Er heißt jetzt Parker“, erklärte Angelina an seiner Stelle „Er hat es gemeinsam mit Tonks’ Hilfe letzten April ändern lassen.“
„Sonst noch Fragen über Dinge die dich nichts angehen?“, fragte Matthew.
„Ach, halt doch die Klappe. Falls es dir nicht aufgefallen sein sollte, ich wohne ebenfalls in diesem Zimmer und ich werde mir von dir garantiert nicht den Mund verbieten lassen“, keifte Ginny ihn an.
Angelina seufzte und schüttelte den Kopf: „Dass ihr euch immer in die Haare kriegen müsst.“ Dann wandte sie sich von den beiden ab und kramte weiter in ihrem Koffer.
„Was machst du denn da?“, fragte Matthew skeptisch.
„Sie will einen Brief schreiben“, erklärte Ginny. „An wen eigentlich?“
„Unwichtig“, sagte Angelina. Sie wollte Ginny nicht sagen, dass sie an Draco schrieb. Sie würde sie vermutlich ebenfalls vom Schreiben abhalten wollen.
„Willst du noch mehr Ärger mit Lupin?“, fragte Matthew.
„Ich lass mir von Remus nicht sagen, an wen ich schreiben darf und an wen nicht. Soweit kommt’s noch“, erklärte Angelina und ihre Stimme klang eine Spur zornig.
„An wen willst du schreiben?“, drängte Ginny.
„Kann ich dabei bleiben während du schreibst?“, fragte Matthew und beachtete Ginny erst gar nicht.
Angelina sah vom Koffer auf und nickte kurz.
„Du willst doch nicht an Draco schreiben?“ Ginny beobachtete Angelina misstrauisch, diese blickte zu Matthew und dann antwortete sie Ginny:
„Remus hat mir verboten ihm zu schreiben. Er meint, es sei zu gefährlich.“
„Womit er vermutlich auch gar nicht so unrecht hat“, überlegte Ginny.
„Ich werde ihm trotzdem schreiben“, erklärte Angelina fest entschlossen.
„Schön, ich misch mich da nicht ein.“ Ginny stand lächelnd von ihrem Bett auf: „Aber tu mir den Gefallen und pass auf, was du schreibst und wie du dich ausdrückst.“
„Ja, ja mich ich“, sagte Angelina genervt. Allerdings war sie auch positiv überrascht über ihre Freundin. Sie hätte Ginny nicht ganz so locker eingeschätzt, aber sie war dankbar dafür.
„Ah, da ist ja die Feder“, sagte sie und einen Augenblick später zog sie auch Pergamentrollen aus dem Koffer.
„Okay, ich lass euch dann mal in Ruhe schreiben“, erklärte Ginny und ging an Matthew vorbei zur Tür.
„Bis später, Ginny, und kein Wort, zu niemandem!“, mahnte Angelina.
„Ich nehme es mit ins Grab“, antwortete Ginny grinsend und verließ das Zimmer.
Die Tür war gerade ins Schloss gefallen, als Matthew auch schon auf einem der Betten saß und seine Schwester beobachtete: „Na dann, erzähl mal!“
Angelina blickte ihn verwundert an: „Was soll ich erzählen?“
„Warum du so sauer auf Professor Snape bist. Doch nicht etwa, weil er dich und Black beim Abendessen beobachtet hat?“
„Er hat uns beobachtet?“ Angelina sah ihren Bruder irritiert an.
„Okay, daran liegt es dann ja wohl nicht. Was ist es dann?“
„Ich will wissen was Snape hier macht. Er hat hier überhaupt nichts zu suchen“, knurrte Angelina.
„Professor Snape ist Mitglied im Orden“, erklärte Matthew. „Der Schulleiter vertraut ihm.“
„Aber Draco. Draco vertrauen sie nicht, ja? Wenn sie Snape in so etwas Wichtiges einweihen, dann werde ich genauso gut an Draco schreiben können.“
Angelina wurde wieder etwas lauter und Matthew deutete ihr mit einer Handbewegung an, dass sie ruhiger sein sollte.
„Du sagst es selbst. Sie vertrauen Draco nicht“, sagte er dann.
„Sie kennen ihn gar nicht“, beschwerte Angelina sich.
„Vielleicht kennst du ja Professor Snape genauso wenig“, konterte Matthew.
„War doch klar, dass du deinen Hauslehrer in Schutz nimmst.“
„Hey, worauf willst du eigentlich hinaus? Hast du dich bei der Weasley angesteckt?“ Matthew funkelte sie böse an.
„Du weißt genau, dass ich das so nicht gemeint habe“, erklärte Angelina.
„So wie du es immer nicht so meinst?“, wollte Matthew wissen.
„Ich wollte mich eigentlich nicht mit dir streiten“, gab Angelina zurück. Sie schwiegen die nächsten Minuten. Angelina klappte den Koffer zu, schob ihn wieder unters Bett und setzte sich an ihr Fußende.
„Du sagtest, es hätte mich beobachtet?“, fragte sie in die Stille hinein.
„Ja“, knurrte Matthew. „Sein Blick ist schon an dir und Black hängen geblieben, als er die Küche betrat. Gefiel ihm offenbar gar nicht, dass du dich so gut mit ihm verstehst. Mir übrigens auch nicht.“ Den letzten Satz hatte er nur geflüstert und Angelina war sich nicht so sicher, ob ihm klar war, dass er ihn ausgesprochen hatte.
„Wieso das denn nicht? Sirius ist vollkommen in Ordnung. Oder willst du wieder auf deine Andeutungen von gestern Abend zurück? Du hast mir immer noch nicht verraten, was du gemeint hast. Wie hat er mich denn angesehen?“
„Ich hab dir schon gesagt, dass das unwichtig ist“, entgegnete Matthew ausweichend.
„Schön, weißt du was ich glaube?“, fragte sie und begann plötzlich zu grinsen.
„Was denn?“, wollte Matthew neugierig wissen.
„Kann es sein, dass dich das Monster der Eifersucht erwischt hat?“ Angelinas Grinsen wurde breiter.
„Monster der… warte, das bekommst du zurück.“ Matthew war ohne Vorwarnung aufgesprungen und hatte angefangen sie zu kitzeln.
„Aufhören. Aufhören, ich ergebe mich“, rief Angelina zwei Minuten später und rollte sich lachend auf dem Bett zusammen.
„Schön, dann kannst du jetzt vielleicht auch wieder klar denken?“, fragte Matthew.
“Ich denke schon“, meinte Angelina grinsend und legte ihren Kopf in die Kissen zurück. „Sie waren mit Mum befreundet“, erklärte sie plötzlich.
„Wer?“ Matthew, der den Kopf auf den Kissen einer der anderen Betten liegen hatte, sah auf.
„Sirius und Snape!“, erklärte sie. „Gestern Abend, als ich zum ersten Mal in die Küche kam, dachte Tonks auch ich sei unsere Mutter.“
„Ach wirklich, dachte sie das?“ Matthew sah seine Schwester interessiert an und musterte sie. Er hatte seine Mutter nie kennen lernen dürfen und achtete immer genau darauf, alles mitzubekommen, was Angelina über sie erzählte.
Matthew schien einen Augenblick nachzudenken: „Worauf willst du eigentlich hinaus?“
„Wenn Tonks schon glaubt unsere Mutter zu sehen, vielleicht… vielleicht dachten Sirius und Snape das auch“, überlegte Angelina.
„Professor Snape sollte sich mittlerweile daran gewöhnt haben dich zu sehen. Außerdem, was sollte es die beiden interessieren, dass du genauso aussiehst wie unsere Mutter?“
„Was sollte es Tonks interessieren?“, fragte Angelina zurück.
„Tonks ist Aurorin. Du hast gesagt, unsere Mutter wäre auch Aurorin gewesen. Ich bin mir sicher, dass sie sich kannten. Aber ich frage dich noch mal, was sollte es Professor Snape und Black interessieren? Schließlich wird auch ständig behauptet, Potter sähe aus wie sein Vater. Glotzen ihn deshalb alle an?“, fragte Matthew.
„Mum hat früher viel von ihrer Schulzeit erzählt und sie schien ziemlich gut mit den beiden befreundet zu sein“, erzählte sie.
„Ziemlich gut befreundet? Mit Black?“ Matthew schnaubte.
„Ja, und ich kann sie gut verstehen, aber Snape… Brr.“ Angelina schüttelte sich.
Matthew lachte auf: „Ihr Gryffindors könnt den Professor wohl wirklich alle nicht leiden. Ausnahmslos. Da sieht man mal wieder, warum wir in verschiedenen Häusern sind.“
Angelina grinste: „Ich bin stolz drauf, eine Gryffindor zu sein.“
Matthew lächelte: „Du und dein Gryffindor’scher Stolz.“ Beide lachten.